Grundlagen und Anforderungen: Kolbenringe für Motorräder

-kurze Einführung-

Funktion

wofür werden diese benötigt:

kurz gesagt handelt es sich bei Kolbenringen um dynamische Lineardichtungen mit folgenden Funktionen im Betrieb:

  • Abdichtung (Hauptaufgabe) vom Durchtritt des Verbrennungsgases in das Kurbelgehäuse: dies wird meist durch zwei Kolbenringe erreicht, die zusammen ein Labyrinth bilden. Konstruktionsbedingt ist der Verbrennungsraum nie 100tig dicht. Es wird also immer eine kleine Leckagegasmenge in das Kurbelgehäuse gelangen.
  • Verhinderung von Schmieröldurchtritt vom Kurbelraum in den Verbrennungsraum,
  • Verteilung des Schmieröls auf der Zylinderwand: so z.B. bei 3 Ring Systemen ist der dritte Ring ein Ölabstreifring,
  • Vermeidung des Kolbenkippens,
  • Wärmeabfuhr vom Kolben zum Zylinder.

Versionen von Kolbenringen

unterschiedliche Verdichtungsringe:

Es gibt auf dem Markt sehr viele unterschiedliche Ausführungen der Kolbenringe, je nach Anwendungsfall und je nach Preissegment. Um hier nur einige zu nennen:

Rechteckring / Rechteckring mit Innenfase / Rechteckring mit Innenwinkel / Minutenring / Nasenring / Trapetzring usw.

Der am häufigsten vorkommende Kolbenring in unserem Sortiment ist der Rechteckring. Der Name kommt von seiner geometrischen Querschnittsform: dem Rechteck.

Ölabstreifringe

meist in der 3. Ringnut:

Ölabstreifringe sollen das Öl auf der Zylinderwand verteilen und das überschüssige Öl abstreifen. 
Meistens handelt es sich dabei um einen Ring (einteilige Ölabstreifringe) mit zwei Ringstegen und Durchbrüchen auf der Mantelfläche. 
Oft werden aber auch zweiteilige (mit Schlauchfedern) und dreiteilige Ringe verwendet die aus zwei Stahllamellen und einer Feder bestehen.
Das überschüssige Öl wird dann meistens über Querbohrungen in der 3. Ringnut auf die Kolbeninnenseite geführt. Dort kann es dann wieder in die Ölwanne zurück.
Hinweis: bei Zweitaktmotoren erfolgt die Schmierung durch Beimischen von Öl in das Benzin. Daher besitzen Zweitakt Kolben meisten keinen Ölabstreifring

Material der Kolbenringe

Kolbenringwerkstoffe und warum sie deshalb so empfindlich bei der Montage sind:

Hauptwerkstoff von Kolbenringen ist nach wie vor Grauguß (Def.: Guss-Eisenwerkstoff mit hohen Graphit Kohlenstoff Anteil):

  • Gusseisen mit Lamellengraphit - vergütet o. unvergütet,
  • Gusseisen mit Kugelgraphit - vergütet o. unvergütet.

Aus tribologischer Sicht bietet dieses Material sehr gute Notlaufeigenschaften, durch die im Gefüge eingelagerten Graphitanteile sowie die Oberflächenstruktur in der sich Öl einlagern kann. 

Stahlwerkstoffe kommen ebenfalls zum Einsatz, meist Chrom- oder Federstahl. Die Oberfläche ist meist gehärtet hierbei kommt das Nitrieren (Def.: Eindiffundieren von Stickstoff bei ca. 500°C über mehrere Stunden, je nachdem welche Oberflächendicke angestrebt wird, Verfahren: Gasnitrieren / Salzbadnitrieren) zum Einsatz.

Hinweis: wie oben aufgeführt werden meist Grauguss Ringe verbaut. Diese sind zwar optimal auf den Anwendnungsfall ausgelegt, müssen jedoch vorsichtig montiert werden. Bei übermäßiger Dehnung brechen diese Ringe sehr oft oder haben eine nachhaltige Schädigung der Ringgeometrie. Oft argumentieren bzw. reklamieren Kunden diese Ringe mit der Begründung eines Materialfehlers. Das ist meistens nicht richtig (zumal diese Materialfehler auch oft garnicht benannt werden) sondern es ist hier auf unsachgemäße Montage (PER HAND) der Ringe zurück zu führen. 

Oberflächen von Kolbenringen

Korrosionsbeschichtung und Beschichtungen der Laufflächen

Laufflächenbeschichtung:

zur Verbesserung der Schmiereigenschaften werden die Laufflächen oft Verchromt oder mit Lolybdän oder Ferrooxid beschichtet.

Oberflächenbehandlung / Korrosionsschutz:

Kolbenringe werden entweder blank, phosphatiert (schwarzmatte Oberfläche) und verkupfert ausgeliefert. Qualitativ hat die Korrosionsbeschichtung keinen Einfluß auf den eigentlichen Kolbenring.

Montage Kolbenringe - Einbaumarkierungen

bei 2-Takt und 4-Takt Motorrad Motoren

Kolbenringe 2-Takt Motoren 
Besonderheiten sind hier: 
  • dass der 3. Ring (Ölabstreifring) fehlt, da es sich hier um eine Gemischschmierung handelt und somit ein  Ölabstreifring nicht notwenig ist, 
  • Sicherungsstifte in der Ringnut verhindern ein verdrehen der Kolbenringe und somit ein Aufgehen der Stoßenden in den Kanälen. 

Kolbenringe 4-Takt Motoren: 
Besonderheiten sind hier: 
  • meist drei Ringnuten, wobei in die 3. Ringnut der Ölabstreifring montiert wird,
  • kein Sicherungsstift in den Ringnuten enthalten, Kolbenringe müssen sich drehen (rotieren) können.
Allgemein bei beiden Motortypen gilt folgendes:

ACHTUNG: Einbaumarkierung suchen:
die meisten Undichtigkeiten und Zylinderzerstörungen basieren auf diesen Fehler. Viele Kolbenringhersteller haben ihre Ringe mit einer Einbaumarkierung versehen. Das kann eine Zahl, eine Buchstabenfolge (z.B.: "STD") oder im Besten Fall ein Wort (z.B.: "TOP") sein. Diese Markierung muss zwingend nach oben in Richtung Verbrennungsraum zeigen.
Sind keine Markierungen auf den Ringen zu finden, dann ist die Montagerichtung unerheblich.

Rechteckring mit Einbaumarkierung

auf der linken Seite ein Kolebenring mit einer eingeprägten Einbaumarkierung (auf "13°°"), hier: "STD", d.h. Standard-Maß, der Kolben wurde nicht getuned oder hat einen Ausschliff. Es können auch andere Buchstaben, Zahlen o.ä. sein. 

Hierbei ist zu beachten, dass diese Einprägungen immer in Richtung Verbrennungsraum zeigen müssen.

Montage Ölabstreifringe

nur 4-Takt Motoren

Generell gilt: in die dritte Ringnut werden Ölabstreifringe montiert.

Bei zweiteiligen Ölabstreifringen: die Enden der Schlauchfeder müssen gegenüber dem Ringstoß liegen.

Bei dreiteiligen Ölabstreifringen: der Aufbau ist Stahllamelle - Expanderfeder - Stahllamelle. Die Enden der Expanderfeder dürfen nicht ineinander verhakt sein sondern müssen sich an den Stoßenden berühren.

Alle Stöße müssen bei der Montage um 120° versetzt sein.

Falsche Federmontage

die beiden Stoßenden der Feder dürfen sich nicht überlappen

Richtige Federmontage

beide Stoßenden überlappen nicht 

Montage 3-teiliger Ölabstreifring

wird immer in die letzte (untere) Ringnut verbaut. Aufbau: Stahllamelle - Feder -Stahllamelle. Die Ringstöße von allen drei Bauteilen immer um 120° versetzt montieren. 

Montagewerkzeug


im Kapitel "Material der Kolbenringe" wurde bereits erläutert, dass die meisten Ringe aus einem Gußwerkstoff bestehen und dieser sehr empfindlich auf Dehnung reagiert. Daher raten wird von einer Montage per Hand grundsätzlich ab.

Die Ringe müsse nicht gleich brechen, haben aber bei Überdehung am Ringrücken eine nachhaltige Ovalität und dichten deswegen nicht mehr ab.

Wir empfehlen Kolbenringzangen oder Kolbenringspannbänder. Alle Bauteile müssen zudem sauber und leicht eingeölt sein.

Hinweise für die Montage


Allgemein gilt: "von unten nach oben montieren". D.h. zuerst wird der Ölabstreifring montiert danach die eigentlichen Dichtringe. 

Hierbei gibt es die verschiedensten Arten. Zum Beispiel kann es vorkommen, dass nur ein Ring eine verchromte Lauffläche hat. Dieser Ring muss dann in die erste / oberste Kolbenringnut montiert werden.

Auch gibt es Versionen mit einem gewellten Spreizring.

Bei 4-Takt Motoren:

Wenn alle Ringe auf den Kolben motiert sind, sind die Kolbenringstöße auszurichten und zwar um 120° versetzt. Wobei kein Ringstoß in Fahrtrichtung zeigen sollten. Dies ist übrigens nur zutreffen für die Erstmontage. Im Fahrbetrieb rotieren die Ringe.

Bei 2-Takt Motoren:

hier umschließen die Ringstöße den Sicherungsstift. Dieser Stift soll ein rotieren der Ringe im Fahrbetrieb verhindern.

Kolbenringschäden


nach der Montage kann es trotz größter Sorgfalt zu einer Schädigung kommen. Günde dafür sind die umgebenden Systeme.

Z.B.:

  • auf Grund von Motorschäden kann es zu einer Verbiegung des Pleuels kommen. Sind das untere und oberere Pleuellage nicht parallel zueinander führt dies im Betrieb zu einer Schieflage des Kolbens. Dadurch kommt es zu einem einseitigen radialen Verschleiß und die Ringe gehen zu Bruch.
  • Verunreinigungen / Schmutz in der Ansaugluft durch magelhafte Luftfilterwartung. Hier wirkt der Schmutz wir ein Schnirgelpapier auf die Dichtflächen. Der Schmierfilm ist nicht mehr gewährleistet.
  • Verbrennungsstörungen können zu einem Kraftstoffüberfluß führen. Der Ölfilm auf der Zylinderwand wird dadurch verdünnt und reißt ab. Die entstehende Mischreibung führt zu einem erhöhten Ölverbrauch des Motors und zu einem radialen Verschleiß der Ringe.

Kolbenausrichtung - Kolbenbodenkennzeichnung


Nicht nur die Kolbenringe bzw. Ölabstreifringe müssen oft gerichtet verbaut werden sonder auch der Kolben selbst.

Hintergrund ist der, dass es Kolben mit asymmetrischer Bodenform gibt oder auch Kolben mit unterschiedlich großen ventiltaschen. Ebenso können die Verbrennungsmulden nicht genau in der Mitte der Kolbenbodenfläche liegen. Daher haben Kolben in aller Regel eine festgelegte Einbaurichtung. 

Dazu kennzeichnen die Hersteller den Kolbenboden mit unterschiedlichen Markierungen. Diese Vielzahl an unterschiedlichen Kennzeichnungen können wir hier nicht zusammentragen, hier eine kleine Auflistung der gängigen Varianten im Zweirad Bereich (ohne Gewähr an Vollständigkeit):


Markierung Kolbenboden    Montageausrichtung 
"Pfeil"  in Richtung Außlasskanal
"IN"  in Richtung Einlaßventil
"EX"  in Richtung Auslaßventil

Kolben mit Kolbenbodenmarkierung "Pfeil"

hier eine typische Kolbenbodenmarkierung meinem eingeprägten Pfeil. Dieser Kolben muss immer in Richtung Auslaßkanal (Auspuff) montiert werden.

Kolben mit Kolbenbodenmarkierung "IN"

Dieser Kolben muss in Richtung Einlassventile montiert werden. Die Markierung "STD" zeigt nur an, dass dieser Koben ein "Standard" Maß hat und keine Übergröße.